Gestern machte sich eine junge Berliner Delegation auf den Weg nach Hannover um in der Hauptstadt des Landes Niedersachsen an der Deutschen Ländermeisterschaft teilzunehmen.
Der IC nach Hannover war gut gefüllt und so waren Spieler und Begleiter froh, dass man mittels Platzkarten andere von ihren Sitzen vertreiben konnte.

Obwohl wir zwei Personen weniger waren, als auf der Gruppenkarte verzeichnet, gab es Probleme mit der Schaffnerin. Angeblich hätten die 6 Kinder alle meine sein sollen, um nichts nachzahlen zu müssen! Mal sehen, ob das auf der Rückfahrt noch ein böses Ende nimmt.
Ein böses Ende nahm auf jeden Fall die 1. Runde gegen die an 3 gesetzten Bayern. Wir kamen, etwas zu hoch, 0,5 : 7,5 unter die Räder. Insbesondere Henrik, der gegen Jana Schneider, der aktuellen Deutschen Meisterin U14w, die Partie sehr gut anlegte, musste mit seinem Ergebnis hadern. Er gewann alsbald zwei Bauern und Jana opferte verzweifelt noch zwei Leichtfiguren. Das konnte eigentlich nicht gut gehen, aber in Zeitnot gab Henrik die Dame und sollte damit eigentlich wenigstens noch das Remis halten. Leider kam es anders und so war Bennetts halber Punkt, auch hier war mehr drin, das Einzige auf der Berliner Habenseite.
Wir sind an 12 gesetzt und wollen diesen Setzlistenplatz, trotz der deftigen Erstrundenniederlage, am Ende mindestens halten.
Nr. | Land | Ø DWZ |
---|---|---|
1 | Schleswig-Holstein | 2034 |
2 | Baden 1 | 2043 |
3 | Bayern | 2053 |
4 | Hessen | 1975 |
5 | Rheinland-Pfalz | 1972 |
6 | Niedersachsen 1 | 1936 |
7 | Württemberg | 1922 |
8 | Sachsen | 1919 |
9 | Nordrhein-Westfalen | 1899 |
10 | Thüringen | 1884 |
11 | Baden 2 | 1934 |
12 | Berlin | 1809 |
13 | Hamburg | 1808 |
14 | Bremen & Friends | 1884 |
15 | Niedersachsen 2 | 1778 |
16 | Sachsen-Anhalt | 1751 |
17 | Mecklenburg-Vorpommern | 1730 |
18 | SG Saarland / Rheinland-Pfalz | 1592 |
Das Berliner Team








Die offiziellen Seiten findet man hier.
Auch auf Chess24 werden die Partien, alle 8 Begegnungen der ersten 5 Bretter, live übertragen.
Teil 2
Die Erstrundenniederlage ist vergessen und alle sind wieder bester Stimmung.
In der zweiten Runde geht es gegen Niedersachsen 2, Nr. 15 der Startrangliste.
1 Emil Schmidek 2201 – Hannes Ewert 2151
2 Bennett Schnabel 1963 – Tom Peters 2048
3 Henrik Hesse 1919 – Nico Stelmaszyk 1820
4 Rachela Rosenhain 1847 – Jan Pubantz 1813
5 Anna Denkert 1733 – Jan Helmer 1795
6 Nam Tham 1605 – Hannah Möller 1721
7 Luise Schnabel 1576 – Anais Abele 1509
8 Minh Tham 1630 – Inken Meijerink 1365
Das sollte doch zu schaffen sein…
Teil 3

Der Tag fing nicht gut an. Luise und Rachela meldeten Anna krank. Sie blieb erkältet im Bett und wir nahmen zu siebt an den Tischen Platz, 0:1.
Aber wir haben ja unsere drei Musketiere:

Sie sehen etwas harmlos aus, schickten die Niedersachsen aber mit 3:0 nach Haus. Na schön, nicht ganz, heimwärts geht es erst am nächsten Mittwoch, nachdem 7 Runden absolviert sind. Aber die Drei legten den Grundstein für den Sieg, der mit 5,5 zu 2,5 doch noch recht deutlich ausfiel. Dabei hatte Nam als Erster auf Sieg gestanden, eine Figur gewonnen, aber dann doch als Erster verloren.

Nach diesem Sieg ging es in Runde 3 gegen Nordrhein-Westfalen, den Ranglisten 9.
Und es wurde richtig spannend! Am Brett 1 spulte Kevin Schröder eine ordentlich vorbereitete Berliner Mauer ab und brachte Emil mit dem Läuferpaar in Bedrängnis.
Nach einem gut durchdachten Trick reagierte Kevin allerdings (zu) schnell und schlecht und kurze Zeit später fuhr Emil den vollen Punkt ein.
Bennett kam bereits in der Eröffnung in starke Bedrängnis und musste alsbald die Qualität für nur einen Bauern geben. Im Endspiel erhielt er sogar einen zweiten Bauern, hatte aber der vorzüglichen Technik seines Gegners, der vor einem knappen Jahr noch bei ELO 2361 notierte, nichts mehr entgegenzusetzen.
Eine ausgezeichnete Partie an Brett 3 spielte Henrik. Wie immer mit viel Geduld, ließ er seinem Gegner keine Chance auf Gegenspiel und gewann klar.
Anders an Brett 4: Rachela wurde in der Eröffnung überspielt, aber der Gegner setzte nicht nach, sondern ließ Rachela wieder aus kritischer Lage entkommen. Danach verrechnete er sich und verlor sogar eine ganze Figur und erhielt dafür nur ein Bäuerchen. Die Verwertung stellte sich allerdings als überraschend schwer heraus und Rachela ergab sich irgendwann etwas erschöpft in das Remis.
Anna, nach langem Schlaf, war anscheinend wieder vollständig genesen. Sie überstand einige unangenehme Phasen und spielte am Ende Remis, mit zwei Rand-Mehrbauern im Turmendspiel.
An Brett 6 kämpfte sich Nam nach missglückter Eröffnung zurück in die Partie und hätte nach interessantem Verlauf das Bauernendspiel Remis gestalten können. Dies gelang ihm leider nicht und seine Gegnerin, Lisa-Marie Möller (DWZ 1728) fuhr den vollen Punkt ein.
Luise spielte eine gute Partie, entließ die von Erstickung bedrohte Gegnerin allerdings wieder an die frische Luft. Als diese danach schnappte und dabei Remis anbot, war plötzlich eine Figur weg und der Punkt gehörte Luise.
Minh an Brett 8 spielte mit Schwarz umsichtig, erkämpfte eine leichte Initiative, musste aber nach einer Ungenauigkeit in das Remis einwilligen. Aber was soll’s, das reichte uns zum 4,5 zu 3,5 Sieg!
Morgen wartet mit Rheinland-Pfalz die Nummer 5 der Setzliste, mit Vincent Keymer an Brett 2. Alles andere als eine deftige Niederlage wäre eine Überraschung…
Teil 4
Der Tag der Deutschen Einheit verlief schachlich für die junge Berliner Garde, nun sagen wir mal, nicht optimal.

Am Vormittag gingen wir gegen die Favoriten aus Rheinland-Pfalz mit 3:0 in Führung! Leider hagelte es danach, neben dem Remis von Luise, nur noch Nullen und wir mussten uns der Mannschaft um Superstar Vincent Keymer (zur Zeit 6 aus 6!) knapp geschlagen geben.
Am Nachmittag wartete mit Württemberg der nächste schwere Gegner auf uns. Wieder ging der Kampf 3,5:4,5 verloren. Immerhin tröstet die Glanzpartie von Emil ein wenig über die bittere Niederlage hinweg.

Gegen Mecklenburg-Vorpommern sollte am Dienstag Vormittag nun wieder etwas Zählbares herausspringen. Aber diesmal arbeitete die Taktik gegen Anna und Emil. Nam spielte so schnell, wie der ICE, der uns morgen wieder nach Hause bringen wird, und verlor ohne wirkliche Chancen. Nachdem unser erfolgreichster Spieler, Minh, uns dem Mannschaftspunktgewinn wieder etwas näher brachte, kämpften Luise und Henrik bis zur letzten Patrone.

Luise konnte tatsächlich ihre Partie gewinnen, Henrik’s stundenlanger Einsatz resultierte, insbesondere wegen der ungleichfarbigen Läufer, in einem Remis.
Zum dritten Mal 3,5 : 4,5 verloren, also nichts wie auf’s Oktoberfest!

Es gab gebrannte Mandeln und Eis, eine Achterbahn- und eine Riesenradfahrt und frohes Sterneschießen mit kleinen Preisen.

Nachdem Anna und Dirk am Samstag beim Spiel Hannover 96 gegen St. Pauli die HDI-Arena von innen sahen, machten sich Nam und Ralf ein Bild vom Stadion aus luftiger Höhe.



Treffsicher waren nicht nur Ralf (15/15), sondern auch Minh (2/3) und Nam (2/2).
Alsbald ging es aber zurück zur Jugendherberge, Vorbereitung auf unseren Letzrundengegner, SG Saarland / Rheinland-Pfalz, Abendessen und schon ein wenig Koffer packen sind angesagt.
Der Abschluss
Heute war früh aufstehen angesagt. Die Runde begann bereits 8 Uhr und vorher mussten noch die Koffer gepackt und die Zimmer geräumt werden. Aber die Spieler hatten das alles gut im Griff und saßen bereits 10 Minuten vor Rundenbeginn komplett an den Brettern.

Obwohl, ausgeschlafen sieht eigentlich anders aus, und Anna ist mit dem Zimmerschlüssel noch Mittag essen gegangen 😉
Gegen die Spielgemeinschaft Saarland / Rheinland-Pfalz, der Nummer 18 der Startrangliste, sollte unbedingt ein Sieg her, um damit doch noch unseren Setzlistenplatz zu erreichen.
Der Nam-Express war wieder am schnellsten, leider hatte er bei seiner Geschwindigkeit (nicht nur) eine Springergabel übersehen und verlor. Aber an allen anderen Brettern sah es ganz gut aus. Nach einigen Aufregungen stand es 4,5:2,5 und Bennett versuchte noch als Letzter, ein Turmendspiel zu gewinnen.

Um das Wichtigste aller Endspiele zu beherschen, braucht man viel Erfahrung und den eisernen Willen, staubtrockene Endspiel[e|bücher] zu studieren.
Bennett hatte das zwischenzeitlich recht klar gewonnene Turmendspiel in die folgende Position verwandelt:

Hier überraschte Emil den Rest des Teams bei der Betrachtung der schwarzen Gewinnchancen mit einer mathematischen Theorie, die in etwa so lautete:
„Ab der Zahl 7, die sich aus der Anzahl der Felder zwischen dem abgeschnittenen König zum Freibauer und der Anzahl der Felder, die der Bauer noch bis zur Umwandlung benötigt, zusammen setzt, ist die Partie in der Regel gewonnen.“
Ich hatte davon noch nichts gehört und glaubte auch nicht so recht an die Aussage, aber irgendetwas wird schon dran sein.
Die Partiestellung ist aber auf jeden Fall Remis, glaubt man den Nalimov-Endspieldatenbanken, und das tue ich.
Man muss natürlich auch noch wissen, wie man das Remis erreicht; in der Diagrammstellung ist das einzig und allein der Zug Ta5 nach a1 – der Turm muss von vorn Schach geben können und dabei den Vormarsch des c-Bauern maximal verhindern.
Der Gegner zog Ta1 und Bennett Kc7, was überhaupt nicht geeignet war, den c-Bauern voran zu bringen. Nach dem besseren Td8, c5 funktioniert nicht wegen Turmtausch, gäbe es immer noch praktische Chancen, das Endspiel zu gewinnen. Aber ich will damit niemanden weiter langweilen 😉
Der Kampf endete jedenfalls 5:3 und wir schoben uns im Endklassement auf Rang 13 nach vorn. Das war ein wenig enttäuschend und dem „Zwischenspurt“ mit drei mal 3,5 Punkten geschuldet, aber auch keine Katastrophe.
Minh (5/7) und Luise (4,5/7) waren unsere Top-Scorer und mit Emil (4/7) hatten wir ein stabiles 1. Brett. Alle anderen werden nicht recht zufrieden sein, insbesondere Nam, aber sein schlummerndes Potential trat in einigen Partien deutlich hervor und das Resultat (1/7) spiegelt nicht sein wahre Leistung wieder. Bei beiden Brüdern hatte ich allerdings ständig den Eindruck, als würden sie an einem Langsamblitz des SC Weisse Dame teilnehmen und nicht 1,5 Stunden für 40 Züge, plus 30 Sekunden pro Zug zur Verfügung zu haben. Im verlinkten Artikel ist übrigens auch eine wunderbare Erinnerung an unser hier teilnehmendes Spitzenbrett enthalten!

Ansonsten war die DLM ein gut organisiertes Turnier, welches den Teilnehmern gut gefallen hat. Ein kleines Zeugnis davon soll die Reihe
„Berlin bei der DLM“ abschließen.

Endstand der Deutschen Ländermeisterschaft 2016
Die Berliner Einzelergebnisse